Mein neues Projekt: Flipped Classroom

Mein neues Projekt: Flipped Classroom

06/03/2019 0 Von LukasBrendler

Schon oft hatte ich etwas über den Flipped Classroom (umgedrehter Unterricht) gehört. Bereits am Anfang des Referendariats fiel mir ein diesbezügliches Buch in die Hände. Damals jedoch passte diese Unterrichtsmethode nicht in die Vorgaben des Refs, obwohl ich sehr interessiert daran war. Auch das Lernen mit Lernvideos fand ich spannend und ich erkannte den Mehrwert daran, nicht zuletzt, weil ich mir selbst mit Lernvideos Wissen aneignete. Auf dem Heimweg von einer Weiterbildung zu digitalen Medien im Lateinunterricht hatte ich mir vorgenommen, diese Unterrichtsform des Flipped Classroom selbst einmal auszuprobieren, zumal ich dort mehr darüber erfahren hatte und ich es mir sehr gut für meine SuS vorstellen konnte. Ein sehr informatives Video zum Flipped Classroom hat Sebastian Schmidt auf seinem YouTube-Kanal eingestellt.

Lernvideos und Learningapps als Hausaufgabe

Also beschloss ich Lernvideos für meine SuS zu erstellen. Diese findest du auf folgender Internetseite oder auf meinem YouTube-Kanal.

Die SuS mussten nun aus Vorbereitungshausaufgabe das Lernvideo ansehen und die darin gezeigten Lerninhalte in einer ihnen angemessenen Form in ihre Aufzeichnungen übernehmen. Dazu gab es eine kleine Aufgabe auf der Plattform https://learningapps.org/, bei der sie nachweisen mussten, dass sie die grundlegenden Inhalte aus dem Video verstanden hatten. Da ich für jeden SuS einen anonymen Account erstellt hatte, konnte ich sehen, ob diese Aufgaben von den SuS richtig oder falsch bearbeitet wurden, wobei man unendlich viele Versuche für eine Korrektur hat. Damit war es mir ohne großen Zeitaufwand möglich, Einblick in den Wissensstand der SuS zu erhalten. Wurden diese Aufgaben richtig bearbeitet, gab es auch die entsprechenden Punkte in meinem Belohnungssystem für Hausaufgaben. Der nachfolgende Screenshot zeigt eine Auswertung der Learningapps-Aufgaben (grün: Aufgabe richtig; rot: Aufgabe falsch; grau: Aufgabe nicht bearbeitet), wobei in den Spalten die fünf Aufgaben stehen und in den Zeilen die SuS.

Auswertung der Learningapps

Offensichtlich dabei ist, dass die SuS ihre immer noch freiwilligen Hausaufgaben gemacht haben. Darüber bin ich begeistert. Inwiefern jetzt jeder SuS die Lernvideos bis zum Ende geschaut hat, ist mir natürlich nicht klar. Aber meine Idee, die Learningapps als Form der Wissensüberprüfung zu nutzen, hat sich als übersichtlich und nützlich für mich herausgestellt.

Mehr Zeit für Übungsphasen

Mit den Lernvideos war der Wissenserwerb für die SuS vorbereitet. Der umgedrehte Unterricht („flipped Classroom“) bestand nun also darin, dass die SuS mit dem erlernten Wissen in die Schule kamen, um es dort vor allem zu üben und zu vertiefen, so individuell wie möglich. Denn schließlich brauchte es nun keine Erarbeitungsphasen im Unterricht mehr, da diese durch die Lernvideos zu Hause, im Bus oder in der Bibliothek ersetzt wurden. Es blieb also viel mehr Zeit für Übungsphasen, die doch allzu häufig im herkömmlichen Unterricht aus unterschiedlichsten Gründen zu kurz kommen. Dabei standen den SuS diverse Aufgaben in unterschiedlichen Niveaustufen zur Verfügung, so dass jeder genau das üben konnte, was er oder sie persönlich für sinnvoll hielt oder einfach üben wollte. Die Lösungen inklusive der Lösungswege lagen ebenfalls für die SuS zum Kontrollieren bereit. Damit konnte ich in den Übungsphasen gut differenzieren. Einerseits half ich schwächeren SuS durch individuelle Hilfestellungen und Hinweise, andererseits förderte ich stärkere SuS durch herausfordernde Aufgabestellungen mit Parametern oder Ähnlichem.

Fazit der SuS

Die SuS haben besonders die Learningapps-Aufgaben und die Abwechslung im Unterricht durch den Flipped Classroom gelobt. Ebenso fanden sie es gut, dass sie für sich selbst einteilen konnten, wann sie die Lernvideos schauen konnten und dass sie dabei die Videos auch pausieren bzw. zurückspulen konnten, um einen Aspekt erneut anzuschauen. Dagegen war ein Kritikpunkt, dass das Schauen der Lernvideos, das Notieren des Lernstoffes und die Bearbeitung der Learningapps-Aufgaben viel Zeit in Anspruch genommen haben, je nach Länge des Videos z. T. bis zu einer Stunde.

Mein Fazit

Mir hat besonders das Produzieren der Videos Spaß gemacht. Dabei war es schon eine kleine Herausforderung, alle wichtigen Bestandteile parallel am Laufen zu haben. Dazu gehörte die Planung der PowerPoint-Folien als das inhaltliche Grundgerüst bereits einige Zeit vorher, die anschließende Aufnahme des Bildschirms und die gleichzeitige Aufnahme meiner Stimme. Mehrmals musste ich mit einer Aufnahme neu beginnen. Sei es, dass ich mich versprach, oder sei es, dass ich während der Aufnahme einen inhaltlichen Fehler in PowerPoint mitbekam, oder sei es, dass der Nachbar gerade mit seinem Staubsauger hantierte. Am Ende musste das Lernvideo auch noch solange vorproduziert werden, dass ich den SuS mindestens eine Stunde vorher den YouTube-Link geben konnte. Damit war ich gezwungen, mein Konzept weit im Voraus zu planen.

Daneben war für mich das Geben von individueller Unterstützung während der Übungsphasen eine wichtige und tolle Erfahrung. Hier konnte ich die SuS viel besser als im herkömmlichen Unterricht begleiten und ihren Lernzuwachs erkennen. Zudem stehen die Videos für zukünftige Unterrichtseinsätze, gern auch allen Kolleginnen und Kollegen, auf YouTube bereit.

Ich würde mich freuen, wenn der ein oder andere ebenso wie ich das Konzept des Flipped Classroom ausprobiert. Dabei empfehle ich zunächst ein kurzes Stoffgebiet. Bei mir war es die Matrizenrechnung in der Klassenstufe 11. Viel Freude dabei!

Meine Video-Playlist zur Matrizenrechnung findest du hier.